Schellenberg

Wer sich heute aus Richtung Chemnitz, Flöha oder Freiberg dem Städtchen Augustusburg nähert, der kann bereits von Weitem das stolze Schloss, einer Festung gleich, hoch oben auf einem Fels über dem Zschopautale erspähen.

Das Schloss Augustusburg ist eigentlich ein Jagdschloss, 1568 bis 1572 erbaut von Kurfürst August von Sachsen, oder auch Vater August, wie er bereits zu Lebzeiten von seinen Untertanen genannt wurde. Baumeister war der berühmte Leipziger Bürgermeister Hieronymus Lotter. Entworfen hat das Schloss in großen Teilen der Kurfürst selbst, der stets ein großes Interesse für Bauwesen und Architektur hegte.

Bereits lange vor dem kurfürstlichen  Jagdschloss befand sich auf dem Berg eine trutzige Burg, die den Weg nach Böhmen bewachte  und den Siedlern in ihren neugegründeten Dörfern Schutz und Sicherheit bieten sollte. Die Schellenburg, welche auch dem ihr zu Füßen liegenden Weiler seinen Namen gab, wurde wahrscheinlich um das Jahr 1200 herum gebaut. Ob sich an gleicher Stelle zuvor ein Wehrturm und hölzerne Gebäude befanden, dass kann heute niemand mehr mit Sicherheit feststellen. Doch wird es möglicherweise, wie andernorts auch, so gewesen sein, denn steinerne Burgen baute man in der Regel erst im 13. Jahrhundert. In alten Geschichtsbüchern ist sogar davon die Rede, dass die Gründung der Burg bereits unter Heinrich I. oder Otto I. erfolgt sein soll. Doch das gehört wohl eher in das Reich der Sagen.

Über die Anfänge von Schellenberg, wie Ort und Burg damals hießen, ist wenig bekannt. Bewohnt wurde die Burg damals von einem pleißenländischen Ministerialengeschlecht. Ein erster schriftlicher Hinweis findet sich in einer Urkunde* aus dem Jahre 1206, in der die Ritter Wolfram und Peter von Schellenberg als viri nobiles benannt wurden. Im Jahre 1220 ist  Wolfram als Zeuge in einer Urkunde angeführt, 1254 wird ein Heinrich von Schellenberg am Hofe Markgraf Heinrichs des Erlauchten erwähnt.

Etwas genauer wird es am Ende des 13. Jahrhunderts als die sogenannte Schellenberger Fehde tobte. Heinrich von Schellenberg, eventuell der Sohn des Vorgenannten, befand sich im Zwist mit seinem Landesherrn, Heinrich dem Erlauchten.

1275 reichte der Abt des Klosters Altzella Klage beim Markgrafen ein mit der Begründung, die Schellenberger würden widerrechtlich Zinsen von Dörfern verlangen, die das Kloster zu seinem Allodialbereich zählte. Da es über Jahre hinweg zu keiner Einigung kam, belagerte im Jahre 1286 daraufhin der Enkel Markgraf Heinrichs, Friedrich, im Auftrage seines Großvaters die Burg Schellenberg, musste allerdings  erfolglos wieder abziehen. Der Markgraf fühlte sich dem Altzellaer Kloster verpflichtet, da es als Hauskloster der Wettiner fungierte.

1292 stand Friedrich, nun selbst Markgraf, abermals mit einem Heer vor Schellenberg. Doch trotz der Unterstützung der Ministerialen Heinrich von Trebsen, Johannes von Sayda, Heinrich von Königsfeld und Werner von Erdmannsdorf, der mit den Schellenbergern ein besonderes Hühnchen zu rupfen hatte,  war auch diese Belagerung erfolglos.

Durch Vermittlung des Abtes des Klosters Buch mit Altzella konnte der Zwist im Februar 1293 zunächst beigelegt werden. Die Brüder Heinrich und Ulrich von Schellenberg zahlten ein Bußgeld von 13 Mark Silber an das Kloster.

Zunächst schien der Friede wiederhergestellt. Heinrich von Schellenberg wurde von König Albert II. zum pleißnischen Landrichter  bestellt.

Doch der Sohn Heinrichs, ebenfalls Heinrich mit Namen, nahm die alte Fehde mit dem Kloster Altzella wieder auf, da er sich dem Spruch des Markgrafen nicht unterwerfen wollte und darauf bestand,  die vom Kloster mit dem Zehnten belegten Dörfer als sein eigen zu nennen. Um welche Orte es hierbei genau ging, ist leider nicht mehr bekannt.

Hinzu kam ein Streit der Schellenberger mit den Herren von Waldenburg, die als Lehnsmänner des Markgrafen diesen unterstützen. Sie eroberten das Schloss Rauenstein, dass zum Besitz der Schellenberger gehörte und forderten eine Zahlung von 50 Schock Prager Groschen an das Kloster Altzella für alle Schäden, die die Schellenberger jemals dem Kloster zugefügt hatten.

Heinrich von Schellenberg weigerte sich, diese ungeheure Summe zu zahlen. Daraufhin ächtete das Landgericht zu Altenburg im Jahre 1324 den Ritter und sprach ihm jegliche Rechte auf seine Besitzungen ab. Kaiser Ludwig zog das Lehen ein, und sprach es dem Lehnsbesitz der Markgrafen zu. Im Jahre 1334 wurde Schellenberg von Markgraf Friedrich dem Strengen an Friedrich von Hohnsberg zum Lehen gegeben. Doch bereits im März 1336 nahm er es diesem wieder weg und verpfändete es dem Vogt Heinrich von Gera als Garant für dessen Unterstützung bei der Belagerung der Stadt Erfurt. 1356 traten die von Schönberg in das Pfandverhältnis ein.  Nach mehrmaligem Wechsel der Besitzer wurde 1368 die Herrschaft Schellenberg zum Amtssitz der Wettiner und unterstand fortan den Markgrafen von Meißen.

Der Sage nach zog sich der geächtete Ritter Heinrich von Schellenberg auf sein Raubschloss Liebenstein zurück, um dort sein Unwesen zu treiben. Durch einen Verrat des Burgkaplans konnte das Schloss erobert werden, Heinrich wurde gefangengenommen und letztlich hingerichtet. Doch ob es wirklich so gewesen ist, verliert sich im Dunkel der Geschichte.

 Im Jahre 1575 wird Schellenberg in Augustusburg umbenannt. Lediglich das Vorwerk Shellenbergk antiqua, etwas abseits der Burg, in dem seit alters her Bauern wohnten, behielt seinen Namen, wurde aber fortan nur noch Schellenberg genannt.

  

* Mitt. D. AV Plauen i. V. I, Urk.-Nr. 85: virorum nobilium, scilicet Henrici de Scellenberc et Ulrici de Miltitz..

weitere Quellen:

  • Entwurf einer urkundlich prakmatischen Geschichte des Markgrafenthuns Meißen von Pastor Carl Limmer, Ronneburg 1836, Verlag Friedrich Weber, S. 89.
  • Hubert Ermisch, Neues Archiv für Sächsische Geschichte und Altertumskunde, 24. Band, Dresden 1923.
  • Andre Thieme, Die Burggrafschaft Altenburg: Studien zu Amt und Herrschaft im Übergang von Hohen zum späten Mittelalter, Leipzig 2001.